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Forschung

Hintergrundwissen

Der Golfstrom kommt nicht zum Erliegen

... aber was könnte sich im Nordatlantik ändern?
 
Das Klima ist in weiten Teilen Europas durch milde Meeresluft beeinflusst, deren wärmende Energie mit dem Golfstrom von Mittelamerika herantransportiert wird. Dementsprechend ist es von hohem Interesse, ob sich durch den Klimawandel an diesem Zustand etwas ändern könnte. Neue Forschungsergebnisse werden in den Medien gerne aufgegriffen und lösen oft Sorgen aus, die auf Missverständnissen beruhen.
 

Der Golfstrom ist vom Wind getrieben, der Nordatlantikstrom nicht

Die eigentliche Frage dreht sich um den Nordatlantikstrom, der einen nördlichen Ausläufer der Golfstromes darstellt und insbesondere dem nördlichen Europa milde Temperaturen beschert. Der Golfstrom ist eine vor allem windgetriebene Strömung. Diese kann allein durch eine Veränderung der Wasserdichte nicht zum Erliegen kommen.
 

Tiefenwasserbildung im Nordatlantik

Der Nordatlantik mit seinem Übergang in das überwiegend eisbedeckte Nordpolarmeer spielt eine wichtige Rolle in der globalen Ozeanzirkulation. Hier bewegen sich zwei vom Golfstrom ausgehende Teilströme warmen Oberflächenwassers in Richtung Norden. Die Wassermassen kühlen sich ab, werden durch Eisbildung salziger, gewinnen an Dichte und sinken in der Labradorsee und in der Grönlandsee ab.
 

Strömungen im Nordatlantik

1. Der Kartenausschnitt zeigt die warmen Strömungen, die aus dem Golfstrom hervorgehend in das Nordpolarmeer hineinreichen. Quelle: Ocean World – Texas A&M University

Tiefenwasserbildung

2. Tiefenwasser wird an zwei Orten im Nordatlantik gebildet, in der Labradorsee und in der Grönlandsee. Aufgrund eines gewissen Temperaturunterschiedes schichten sich die zurückfließenden Wassermassen in zwei Lagen übereinander. Quelle: V.Byfield / British National Oceanography Centre, Southampton

Es bildet sich Tiefenwasser. Dieses fließt in tieferen Meeresschichten wieder zurück in Richtung Äquator. Insbesondere die Umwälzpumpe zwischen Norwegen und Grönland bewirkt, dass das warme Oberflächenwasser relativ weit in Richtung Norden getragen wird. Die Westküste Norwegens verdankt dieser Tatsache ihr im Vergleich zu anderen Regionen gleicher Breite mildes Klima.
 

Veränderungen in der Vergangenheit

Aus Studien der Klimaveränderungen der letzten 120000 Jahre wissen wir, dass es eine Kopplung gibt zwischen dem Ort der Tiefenwasserbildung im Nordatlantik und Änderungen im Klima der Nordatlantikregion.
Über viele Jahrzehntausende hinweg betrachtet, gibt es in der nordatlantischen Zirkulation drei Zustände, in denen eine warme Strömung weit nach Norden vordringt (Warmzeit), weniger weit nach Norden vordringt (Eiszeit) bzw. gar nicht existiert (sog. Heinrich-Ereignis). Ein Gebirge im Atlantik markiert die Grenze zwichen den Bereichen des Polarmeeres in die der Nordatlantik-Strom während der Warmzeit und der Eiszeit vorstößt. Hier ist der Ozean weniger tief, und Island und die Färöer Inseln ragen sogar aus dem Wasser. In den Bildern ist diese Schwelle mit dicken schwarzen Punkten gezeigt.
 

Warmzeit Modus
Querschnitt: In der Warmzeit, wie wir sie heute haben, reicht der Nordatlantikstrom über die 'Schwelle' und bringt warmes Wasser bis nach Nordeuropa.
Nordatlantikstrom
Aufsicht des Querschnitts links: Für Mittel- und Nordeuropa ergibt sich durch den weit nach Norden dringenden Warmwasserstrom eine Warmluftzufuhr mit den Westwinden und ein mildes Klima.
Eiszeit Modus

In der Eiszeit stoppt die warme Strömung vor dieser Schwelle. Weiter nördlich friert die See zu.

In der Eiszeit wie in der derzeitigen Warmzeit dringt eine warme Meeresströmung bis zu einer gewissen Grenze nach Norden vor. Das Wasser gelangt hierbei allmählich in kalte Regionen. Eis bildet sich, das verbleibende Restwasser wird hierdurch salziger und schwerer. Auch durch die Temperaturabnahme wird das Oberflächenwasser schwerer. Es sinkt schließlich ab (schwarzer Pfeil nach unten in den Querschnitten) und bildet 'Tiefenwasser'.

Wann setzte der Nordatlantikstrom aus?
 

Heinrich Modus

Der sogenannte 'Heinrich-Modus' ist ein Zustand, in dem kein Tiefenwasser mehr gebildet wird. Die Strömung setzt aus.
Grafiken: abgewandelt von Elmar Uherek, Original: Stefan Rahmstorf in Nature

Während der Eisschmelze in einer Periode ansteigender Temperatur (z.B. am Ende der Eiszeit) kann es nun passieren, dass sich sehr viel Schmelzwasser in den Nordatlantik mischt. Zudem wird die Oberflächentemperatur immer wärmer, während die Tiefsee noch kalt ist. Das Wasser kann nicht mehr absinken. Die Zirkulation setzt vorübergehend aus. Man bezeichnet dies als 'Heinrich-Ereignis'.
 

Abschätzungen für die Zukunft (IPCC 2007)

Wissenschaftler können derzeit keine zuverlässigen Prognosen darüber abgeben, wie sich der Nordatlantikstrom unter den Bedingungen des Klimawandels ändern wird. Eine Verlangsamung der Strömung wird erwartet, da das Oberflächenwasser nicht mehr so stark an Dichte gewinnt. Der Ozean wird wärmer, die Eisbildung geringer, der Frischwassereintrag steigt. Für salzarmes Frischwasser sorgen gleichermaßen das Abschmelzen der Gletscher auf Grönland, aber auch zunehmender Regen in dieser Region. In der Zeit von 1965-2000 wurde eine Dichteabnahme des Oberflächenwassers beobachtet. Allerdings unterliegt die Zirkulation über die Jahrzehnte hinweg so starken Schwankungen, dass sich bisher kein Trend ausmachen lässt ob und wie stark sich der Wassertransport in Richtung Norden verändert haben könnte.
Sollte es tatsächlich zu einer verringerten Wärmezufuhr nach Nordeuropa kommen (bis 2100 wird dies kaum erwartet), so würde immer noch die Erderwärmung einer damit verbundenen Abkühlung entgegensteuern.
 

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