ACCENT > ACCENT de > Nr 7 März 2006 Klimamodellierung > F: Abschätzung der Klimaentwicklung

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Forschung

Klimaszenarien für das 21. Jahrhundert

 Wie kommen wir zu unserem Wissen über das zukünftige Klima?

Das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) ist eine internationale Organisation, die aus Klimawissenschaftlern, Politikern und Vertretern der Wirtschaft besteht. Alle 5-6 Jahre verständigen sich mehrere hundert Autoren aus fast allen Staaten der Erde auf einen gemeinsamen Bericht. Dieser wird von 15 leitenden Autoren auf der Basis aktueller Veröffentlichungen zum Klimasystem und auf der Basis von Modellergebnissen zusammengestellt. Solche IPCC Berichte sind in den Jahren 1990, 1995 und 2001 publiziert worden.

 

Seeeis Simulationen

1. Schmelze des Seeeises nach Simulationen aus Hamburg. Es wird erwartet, dass das Seeeis (hellblau) im Sommer vollständig schmelzen wird (Szenario A1B rechts) oder fast vollständig (Seznario B1 in der Mitte). Zum Vergleich der derzeitige Zustand links. © MPI Met

Für den nächsten IPCC Bericht, der 2007 erscheinen soll, sind mehrere Teams von Modellrechnern gebeten worden, eine Berechnung des zukünftigen Klimas für drei "Szenarien" gemäß ihrem besten Kenntnisstand durchzuführen. Hierfür werden die verfügbaren Kapazitäten der Supercomputer zur Erdsystemmodellierung eingesetzt. Diese Computer gehörten zu den größten in der Welt. Eines der Teams arbeitet am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg, einem Partner in ACCENT. Die Ergebnisse der hier durchgeführten Berechnungen werden mit denen anderer Gruppen verglichen. Eine zusammenfassende Übersicht aller Ergebnisse wird in den nächsten IPCC Bericht Eingang finden. Wir können jedoch jetzt schon einen Blick auf die Ergebnisse werfen, die das Klimamodell in Hamburg liefert. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass es sich nur um eine von 15 Modellrechnungen handelt.
 

 Abschätzungen der Zukunft

Die globale Erwärmung wird sich fortsetzen, aber nicht in allen Regionen der Welt im gleichen Ausmaß. Die Landmassen erwärmen sich stärker als die Ozeane. Die deutlichsten Erwärmungen werden für die nördlichen Breiten und die Arktis erwartet. Bereits jetzt können wir beobachten, dass das Eis der Arktis, welches im Sommer schmilzt, sich im Winter nicht vollständig zurückbildet. Zum Ende des Jahrhunderts könnte der gesamte arktische Ozean im Sommer eisfrei sein.

2. rechts: Anstieg der weltweiten Mitteltemperatur für die Zeitspanne 2071 - 2100 relativ zu der Zeitspanne 1961 - 1990. © MPI Met

 

weltweiterTemperaturanstieg

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Die Intensität von Winterstürmen steigt in Mitteleuropa und sinkt im Mittelmeerraum.

Aufgrund der wärmeren Luft werden Wetterextreme wahrscheinlicher. Warme Luft kann mehr Wasserdampf halten. Daher steigt der durchschnittliche Niederschlag, allerdings nicht gleichmäßig über die Erde verteilt. In feuchten Klimaten, wie den tropischen Regenwäldern und den mittleren und nördlichen Breiten, geht der Trend zu mehr Niederschlägen, die subtropischen Trockenzonen jedoch werden noch trockener.
 

Extremniederschläge

3. Extremniederschläge: Prozentuale Änderung der Extremniederschläge für den Zeitraum 2071 - 2100 im Vergleich mit 1961 - 1990. Szenario A1B.
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extreme Trockenheit

4. Extreme Trockenheit: Prozentuale Änderung der maximalen Trockenperioden für den Zeitraum 2071 - 2100 im Vergleich mit 1961 - 1990. Szenario A1B.
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Änderung im Niederschlag

Dies bedeutet: Der Unterschied zwischen trockenen und nassen Klimazonen wird ausgeprägter. Stärkere Dürren werden für den Mittelmeerraum, Südafrika und Australien erwartet. In den feuchten Regionen steigt die Gefahr von Starkregen und Überflutungen. Der winterliche Schneefall wird in den meisten Regionen Europas bis zum Ende des Jahrhunderts um 80-90% abnehmen (30 - 40% in den Alpen und im norwegischen Gebirge). Die Dauer von Trockenperioden erhöht sich weltweit.

5. links: Änderungen im Niederschlag für den Zeitraum 2071 - 2100 im Vergleich zu 1961 - 1990 für die Monate Januar und Juli.
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Änderung des Meeresspiegels

6. Erwartete Änderung des Meeresspiegels in Metern für das Jahr 2100 im Vergleich zum Jahr 2000. Man beachte, dass die Änderung des Meeresspiegels nicht gleichmäßig über die Erde erfolgt.
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Der Meeresspiegel könnte aufgrund der thermischen Ausdehnung um 20-30 cm steigen. Ein Abschmelzen des Grönland-Eises wird für weitere 15 cm verantwortlich sein. Im Gegenzug könnte stärkerer Schneefall über der Antarktis zu einem Absinken um 5 cm führen. Der Schmelzprozess in der Arktis führt zu einem starken Eintrag von Frischwasser in den nördlichen Atlantik. Dies führt zu Veränderungen in der Ozeanzirkulation, die von Unterschieden in der Temperatur und im Salzgehalt angetrieben wird. Der Nordatlantikstrom könnte langsamer werden und eine Abkühlung des europäischen Klimas bewirken. Diese würde allerdings durch den Trend zu einer generellen Erwärmung aufgehoben.

 

In der Vergangenheit wurde die Erwärmung durch Treibhausgase teilweise durch Luftverschmutzungen maskiert, die das Sonnenlicht davon abhielten, die Erdoberfläche zu erreichen. Werden intensive Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität ergriffen, so ist eine sprunghafte Erwärmung um fast ein Grad in 10 Jahren möglich.

Tabelle 1: Die Modellrechnungen verwenden die folgenden Kohlendioxid (CO2) und Schwefeldioxid (SO2) Emissionen:
CO2 SO2 Tabelle

Heutige Klimamodelle umfassen auch Schwefelemissionen, die einen größeren Beitrag zur Luftverschmutzung, zur Aerosolbildung und zur Rückstreuung von Sonnenlicht leisten. Hierin liegt die Ursache für die Unterdrückung (Maskierung) der globalen Erwärmung. Bitte klicke für eine größere Ansicht auf die Tabelle!

Die geschätzte weitere Erwärmung bis zum Jahr 2100 liegt im Bereich von 2,5 - 4°C.

 

 Szenarien

Die Resultate hängen von den Szenarien ab, auf denen die Berechnungen beruhen. Das IPCC entwickelte verschiedene Familien von Szenarien für die Zukunft. Sie werden A1, A2 und B1 genannt. Sie basieren auf verschiedenen Annahmen über die Entwicklungen in Bevölkerung, Sozialwesen, Ökonomie und Technologie in unserer Welt.

 

Temperaturtrends

8. Trends in der Temperatur relativ zu einer Nulllinie für die mittlere Temperatur von 1961 - 1990. Die Abweichung in der Temperaturentwicklung für die verschiedenen Szenarien ist relativ gering. Der Grund liegt darin, dass in Szenarien mit einer besseren technologischen Entwicklung auch die Luftverschmutzung reduziert wird und hierdurch dieser kühlende Effekt entfällt, der die CO2 bedingte Erwärmung teilweise kompensierte.
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Die Familie A2 beschreibt eine heterogene Entwicklung der Welt. Bevölkerungswachstum und wirtschaftliche Entwicklung unterscheiden sich stark für verschiedene Regionen in der Welt. Daher wächst die Bevölkerung weiter und die Einkommensentwicklung sowie technologische Fortschritte driften weit auseinander. Der weltweite Fortschritt ist langsam. Ein solches Szenario fördert den Klimawandel stärker als andere.

Die Familie A1 beschreibt eine Welt mit starkem wirtschaftlichen Wachstum und einer Bevölkerungsentwicklung die etwa im Jahr 2050 ihr Maximum erreicht. Die Einführung neuer Technologien erfolgt schnell und effizient. Das Wachstum jedoch kann auf verschiedenen Energiequellen aufbauen: intensive Nutzung fossiler Brennstoffe (A1F), nicht-fossiler Energieträger (A1T) oder einer Mischung von beiden (A1B). Da derzeitige Trends in diese Richtung gehen, ist das Szenario A1B als Beispiel für ein Klimaszenario recht populär. Es gibt aber natürlich keine Garantie, wie sich die Welt in den nächsten Jahrzehnten entwickeln wird.

Die Familie B1 geht von einer Bevölkerungsentwicklung wie in A1 aus. Die Gesellschaft wird jedoch recht bald auf Informationstechnologien und Dienstleistungen basieren. Die Intensität in Material- und Energieverbrauch werden durch intelligente Techniken und nachhaltige Prinzipien in Politik und Wirtschaft zurückgeführt. Soziales Gleichgewicht und globale Gerechtigkeit steigen. Allerdings umfaßt das Szenario keine besonderen Maßnahmen zum Klimaschutz.

 

CO2 Mischungsverhältnisse

 

 

Das Szenario B1 ist das günstigste für unser Klima. Aber selbst in diesem Fall werden die CO2 Werte gegen Ende des Jahrhunderts rund 550 ppm erreichen. Dies entspricht einer Verdopplung gegenüber der vorindustriellen Zeit, als der Wert bei 280 ppm lag.

9. links: CO2 Mischungsverhältnisse - beobachtet von 1850 - 2000 und für verschiedene IPCC Szenarien bis 2100.
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Autor: Elmar Uherek - Max-Planck-Institut für Chemie, Mainz

Die Basisinformationen für diese Zusammenfassung und alle Abbildungen sind aus einer Broschüre des Max-Planck-Institutes für Meteorologie in Hamburg entnommen.

Texte der Broschüre: Erich Roeckner, Guy P. Brasseur, Marco Giorgetta, Daniela Jacob, Johann Jungclaus, Christian Reick, Jana Sillmann
Graphik: Norbert P. Noreiks
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