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Luftverkehr und KlimaJuli ist Urlaubszeit. Es ist die Zeit, während der auf der nördlichen Halbkugel, auf der die meisten Menschen wohnen, die Sommerferien beginnen. Viele verlassen ihr zuhause um andere Orte auf der Welt zu besuchen. Aufgrund des weltweiten Marktes, aber auch aufgrund der zunehmenden Nachfrage der Menschen nach Fernreisen, hat der Flugverkehr stetig zugenommen. |
1. Auf der Reise von Europa nach Nordamerika hat man einen fantastischen Blick zum Horizont und über die eisige Welt der Berge im nördlichen Kanada. Aber wie viel tragen diese Blicke aus dem Flugzeug dazu bei, dass dieses Eis in der Zukunft wegschmilzt? Foto: Elmar Uherek |
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Die Angebote von Billigfluglinien sind ein recht junger Trend, der zu einer kleinen Revolution auf dem Luftverkehrsmarkt geführt hat. Fliegen war für viele Menschen bis dahin nicht erschwinglich. Sonderangebote im Bereich von 20 – 50 EUR für einen Flug von 1500 – 2500 km gaben vielen Urlaubern das Gefühl, ihre Träume nun verwirklichen und Orte besuchen zu können, die sie schon immer sehen wollten. Entsprechend nahm die Zahl der Passagiere, die mit Billigfliegern unterwegs sind, stetig zu und die Fluggesellschaften erweiterten ihre Flotten sehr rasch. |
Entwicklungen Von allen Mobilitätsbereichen ist der Luftverkehrssektor derjenige, der das größte Wachstum aufweist. Die Experten erwarten eine jährliche Steigerung im Bereich von 5% für den Passagierverkehr und 6% für den Frachtverkehr. Dies bedeutet, dass die Anzahl der geflogenen Passagierkilometer sich während der nächsten 15 Jahre verdoppeln könnte. |
Der Boeing Konzern schätzt, dass innerhalb der nächsten 20 Jahre etwa 26000 Passagier und Frachtflugzeuge ausgeliefert werden. Nur 25% hiervon werden ausrangierte Maschinen ersetzen, die anderen 75% werden zu Erweiterung der Flugzeugflotte beitragen. Das jährliche Wachstum hängt stark vom wirtschaftlichen Wachstum der entsprechenden Region ab. |
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Klimaeinfluss des Flugverkehrs Mit dem Anstieg der geflogenen Kilometer im Passagier- und im Frachtbereich steigen auch die Emissionen der Flugzeuge: Kohlendioxid, Stickoxide und weitere, die die chemische Zusammensetzung der Atmosphäre verändern. Es steigen auch die Emissionen an Wasserdampf, Wärme und Aerosolen, die die Wolkenbedeckung beeinflussen. Der Eintrag von Stickoxiden in die obere Troposphäre und die unteres Stratosphäre (d.h. in eine Region zwischen 9 und 12 km Höhe) führt zu weiteren chemischen Reaktionen. Dies hat zwei Konsequenzen: Das Treibhausgas Ozon steigt an und das Treibhausgas Methan sinkt. Die Emissionen an Wasserdampf und die freigesetzte Wärme bestimmen die Bildung von Kondensstreifen (engl. kurz: contrails, Abb. 5), die zunächst in Linienform auftreten und recht oft beobachtet werden. Der Winde können diese Kondensstreifen verzerren und zur Bildung von Cirruswolken führen, die in Erscheinung und Gestalt nicht mehr von natürlichen Cirruswolken (Abb. 6) zu unterscheiden sind, obwohl sie menschgemacht sind. |
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Derzeit findet ein Bau von Flugzeugen, die in der Lage wären auf alternativen Treibstoffen zu fliegen, für den regulären Markt noch nicht statt. Daher ist es abzusehen, dass die Emissionen (Kohlendioxid, ... etc.) weiter wachsen werden und der relative Anteil der Emissionen aus dem Luftverkehr zum Treibhauseffekt wachsen wird. Was aber wissen Klimawissenschaftler über den Klimaeinfluss des Luftverkehrs? Und was verstehen sie unter Klimaeinfluss? Veränderungen in der Zusammensetzung der Atmosphäre und in der Bewölkung verändern den Weg der Strahlung, die die Atmosphäre durchläuft. Diese ist ein Anzeiger und Maß für den Klimawandel, der als Strahlungsantrieb (englisch: radiative forcing RF) bezeichnet wird. |
Unter Nutzung dieses Maßstabes haben Klimawissenschaftler die klimatischen Auswirkungen des Luftverkehrs in drei Klassen von wissenschaftlichem Verständnis eingeteilt: Der Einfluss des Kohlendioxids ist sehr gut verstanden, da der Kraftstoffverbrauch und damit die CO2 Emissionen sehr gut dokumentiert sind. Ein akzeptables Verständnis der Vorgänge haben wir derzeit über Ozon, Methan und linienförmige Kondensstreifen. Diese Prozesse sind komplexer als der Kohlendioxid-Kreislauf, da atmosphärische Chemie und Wolkenphysik eine Rolle spielen. Dennoch, eine Menge an Beobachtungsdaten und Modellrechnungen führen zu ähnlichen Ergebnissen und geben Anlass zur Hoffnung, dass die Vorgänge in zufriedenstellender Weise verstanden sind. Der unsicherste Teil ist die Bedeutung der Änderung in der Bedeckung mit Cirruswolken, die aus linienförmigen Kondensstreifen oder Aerosolen hervorgehen. Aus Langzeitmessungen gibt es Hinweise darauf, dass dieser Effekt dominant sein kann. Da es jedoch keine zuverlässigen Erkenntnisse gibt, wird er derzeit aus der Gesamtabschätzung (Abb. 11) ausgeschlossen. |
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Abb. 7 – 9: Die Graphen zeigen, wie der Beitrag des Flugverkehrs zum Treibhauseffekt von 1992 bis zum Jahr 2000 anstieg a) entsprechend des Wissensstandes im Jahr 1999 (blau, IPCC) und b) entsprechend des Wissensstandes im Jahr 2004 (rot, Studie 2000). Was wir sehen ist, dass beide Studien in etwa dieselben Vorhersagen machen bezüglich des Einflusses von CO2 und der Summe anderer Faktoren (Methan, Ozon, Sulfat, Ruß). Sie unterscheiden sich jedoch dramatisch in den Annahmen über Kondensstreifen.Kondensstreifen und Cirruswolken sind hohe dünne Wolken und sie erhöhen den Treibhauseffekt. For sieben Jahren (1999) fasste das Intergovernmental Panel on Climate Change IPCC das damalige Wissen zum Klimaeinfluss des Luftverkehrs zusammen. Wenngleich die Wissenschaftler das Wissen über die Kondensstreifen als zufriedenstellend einstuften, waren sie nicht in der Lage, den Klimaeinfluss zuverlässig zu quantifizieren: Der Unsicherheitsbereich war bei weitem größer als für andere Effekte (Abb. 11). Weitere Forschung war erforderlich. Durch das europäische Forschungsprojekt TRADEOFF wurde eine zuverlässigere Abschätzung des Einflusses on linienförmigen Kondensstreifen erreicht. Es stellte sich heraus, dass dieser Einfluss sich am unteren Ende des vom IPCC angegebenen Unsicherheitsbereiches bewegt. Die Konsequenz ist, dass, obwohl die Emissionen aus dem Flugverkehr im Jahr 2000 viel höher sind, der geschätzte Beitrag zum Treibhauseffekt (Strahlungsantrieb, RF) mit 48 mW/m2 nicht höher ist als der für das Jahr 1992 abgeschätzte Wert von 48,5 mW/m2 (Abb. 7-10).
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Ist der Anstieg im globalen Flugverkehr für unser Klima nicht relevant? Wenn der abgeschätzte Treibhauseffekt durch den Luftverkehr in den Jahren 1992 und 2000 nahezu gleich ist, der Flugverkehr aber stark anstieg, so könnte man versucht sein zu sagen: mehr Flugverkehr hat keinen Einfluss. Dieser Schluss ist natürlich falsch. |
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Der Treibhauseffekt stieg natürlich an. Die Forscher kennen nur nicht die korrekten absoluten Werte. Vom Wissensstand von 1999 aus gesehen, würden wir den Einfluss für das Jahr 2000 viel höher einstufen. Andererseits, mit dem Wissenstand über Kondensstreifen von 2004 würden wir sagen: Der Einfluss für das Jahr 1992 wurde von den Forschern im Jahr 1999 als viel zu hoch angenommen. Gibt es einen Weg aus der Unsicherheit? Derzeit noch nicht. Wir verstehen die Contrails heute besser als vor fünf Jahren aber nicht sicher. Und wir wissen immer noch wenig über den Einfluss von Cirruswolken. Wir nehmen an, dass diese vom Flugverkehr ausgelösten zusätzlichen Cirren auch zur Erderwärmung beitragen, zwischen 0 und einer bestimmten Obergrenze. Wir können jedoch nicht sagen, wie viel. Die Wissenslücke in diesem Bereich bringt eine Wahrscheinlichkeit für Korrekturen in der Zukunft mit sich, die den jetzigen ähneln könnten. |
11. Durch den Flugverkehr verursachter Strahlungsantrieb: Überblick über alle Faktoren. Die in dieser Graphik gezeigten Faktoren sind weiter oben in drei Hauptkategorien geordnet: CO2, Kondensstreifen (contrails) und andere. Quelle: Sausen et al., 2005* Bitte zum Vergrößern anklicken! |
Fazit Die durch Flugzeuge verursachte Treibhauswirkung steigt, da die Anzahl der Passagiere mal der geflogenen Kilometer pro Passagier (Passagierkilometer) ständing zunimmt. Die sicherste Vorhersage können wir über den Treibhauseffekt machen, der durch Kohlendioxid bedingt ist, das direkt vom Flugzeug freigesetzt wird. Durch deren Erforschung von 1999 bis 2004 haben wir mehr über Kondensstreifen gelernt und wir glauben heute, dass der Einfluss linienförmiger Kondensstreifen zuvor überschätzt wurde. Wir wissen noch nicht genug über den Einfluss von Cirruswolken, die aus solchen Kondensstreifen oder aber aus den vom Triebwerk emittierten Partikeln entstehen können. Allerdings gibt es auch hier klarere Hinweise als 1999.
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