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Einleitung

Einleitung

Partikel in der Luft und Feinstaub

Überall in unserer Luft schweben Partikel. Wir bezeichnen sie auch als Aerosol. Dies bedeutet nichts anderes als in der Luft gelöste Stoffe. Solche Partikel können fest oder flüssig sein. Wasser zählen wir allerdings nicht dazu.

Das Auftreten von Partikeln ist von ganz wesentlicher Bedeutung für unsere Umwelt und das Klimasystem. An Partikeln entstehen die ersten Keime für die Wolkenbildung. Sie bestimmen die Durchlässigkeit unserer Atmosphäre für Licht und damit einen erheblichen Teil des Strahlungs- und Wärmehaushaltes.

1. Sandsturm über Khartoum / Sudan. Partikel in der Luft haben auch viele natürliche Quellen.
Photo: Vit Hassan (public)

Sandsturm über Khartoum

CT Bild Lunge

Partikel haben auch einen Einfluss auf unsere Gesundheit, da wir sie mit der Atemluft aufnehmen. Insbesondere die Bedeutung der Gesundheitsbelastung, zum Beispiel an intensiv befahrenen Straßen, wurde in den letzten Jahren stärker untersucht und als wichtiger eingestuft, als bislang angenommen. Hierdurch entstand eine Diskussion um Grenzwerte und den Schutz der Bevölkerung.

2. Bild links: Computertomographisches Bild der Lunge, Quelle: Andreas Heinemann / Zeppelinzentrum Karlsruhe (GNU Lizenz, Wikipedia)

3. Viele Partikel sind kleiner als 10 µm. Hier eine elektronenmikroskopische Aufnahme eines ca. 1 µm großen Aerosolpartikels aus dem Mittelmeerraum; Aufnahme: Joachim Huth, MPI Mainz
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SEM Aerosol

Die Belastung von Stadtluft

Nach Schätzungen der Vereinten Nationen lebt im Jahr 2007 etwa die Hälfte der Weltbevölkerung (3,3 Milliarden von 6,6 Milliarden Menschen) in Städten.
 

Bevölkerungsentwicklung Stadt Land

4. Weltbevölkerung in städtischen (urban) und ländlichen (rural) Regionen. Quelle: United Nations Population Division
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Der Anteil der Stadtbevölkerung stieg absolut und relative erheblich von ca. 30% im Jahr 1950 (0,77 von 2,56 Milliarden Menschen) und mag 2030 die 60% Marke erreichen. In Städten sind wir einer deutlich höheren Belastung durch Abgase ausgesetzt.
 

Hierzu zählen manchmal sehr giftige Substanzen wie Polyaromaten oder Schwermetalle, die örtlich verstärkt auftreten, da sie an bestimmte Quellen gebunden sind. Weit verbreitet und fast überall vorhanden sind hingegen Ozon, Stickoxide und Partikel. Die Verantwortlichen in der Politik haben lokal, national und international zahlreiche Gesetze und Richtlinien erlassen, durch die der Ausstoß von Schadstoffen begrenzt und die Luftqualität verbessert wurde. Insbesondere im Bereich der Partikel sind geeignete Maßnahmen jedoch noch umstritten und der Rat der Wissenschaft ist gefragt.
 

Animation Zoom nach Mexico City (200 KB)

5. Leben in Megacities - hier Lokalisation eines Hauses in Mexico City (ca. 20 Mio Einwohner); Animation zusammengestellt aus Satellitenbildern von © Google Earth. Für eine größere Version (1,2 MB) bitte die Animation anklicken.

Das Grenzwertproblem

Die Gesundheitsgefahren, die von Partikeln ausgehen, stellen die Gesetzgebung vor ein erhebliches Problem. Dies hat zwei Gründe:
1) Je kleiner die Partikel, desto tiefer dringen sie in den Atemtrakt bis zu Bronchien und Lungenbläschen vor. Kleinere Partikel sind somit in der Regel gefährlicher. Sie haben aber kaum Gewicht.
2) Die Gefahr, die von Partikeln ausgeht, hängt stark von ihrer chemischen Zusammensetzung ab.
 

Luftmessstation Emden

6. Typische Luftmessstationen (hier in Emden) erfassen nur die Masse an Partikeln oder Feinstaub (PM 10, d.h. Durchmesser < 10 µm). Photo: Wikipedia GNU Lizenz

Die gültigen Gesetze zur Luftreinhaltung sehen Grenzwerte vor, die nach oben hin nicht überschritten werden sollen. Es ist relativ gut möglich, die Partikelmasse zu erfassen. Es ist aber nicht sinnvoll, für Partikel eine nicht zu überschreitende Gesamtmasse pro Kubikmeter Luft festzulegen. Kleine Partikel können ein Tausendstel oder Millionstel der Masse von großen haben und gefährlich sein, während es die großen nicht sind. Eine chemische Analyse der Partikelzusammensetzung, wie sie zur Abschätzung der Gesundheitsgefährdung notwendig wäre, ist sehr aufwendig und routinemäßig an Luftmessstationen nicht möglich. Wir können also nicht zwischen gefährlichen und harmlosen Partikeln gleicher Größe unterscheiden.

In der Europäischen Union gelten seit 2005 schärfere Richtlinien für „Feinstaub“. In vielen Städten wurden die Tagesgrenzwerte von 50 µg/m3 (PM 10) zu oft, d.h. mehr als 35 mal im Jahr überschritten.
 

Da die EU Grenzwerte jedoch eine Obergrenze in Masse pro Luftvolumen festlegen, kann aus diesen Überschreitungen kaum geschlossen werden, welche Gesundheitsgefahren tatsächlich damit verbunden sind.

Die folgenden Grafiken zeigen typische Messwerte (Tagesmittelwert)  in Deutschland und verdeutlichen auch die Schwankungen von Tag zu Tag. Werte im blauen Bereich liegen unterhalb des Grenzwertes von 50 µg/m3, gelbe bis rote Werte darüber.
 

Feinstaub 28.11.2006

7a.  Feinstaubbelastung 28.11.2006

Feinstaub 29.11.2006

7b.  Feinstaubbelastung 29.11.2006

Feinstaub 30.11.2006

7c.  Feinstaubbelastung 30.11.2006

Feinstaub 01.12.2006

7d.  Feinstaubbelastung 01.12.2006

Die folgenden Werte von 15.12. belegen, dass hohe Feinstaubbelastungen zwar oft in den verstädterten Räumen auftreten, aber keineswegs auf diese beschränkt sind.
 
Feinstaub 15.12.2006

7e.  Feinstaubbelastung 15.12.2006

Für die Forschung sind die gesundheitlichen Fragestellungen und Grenzwert-festlegungen und die Einflüsse von Partikeln auf das lokale und weltweite Klima gleichermaßen von Interesse. Hierzu ist ein tieferes Verständnis notwendig, woher Partikel kommen, wie sie sich in der Luft verhalten, woraus sie bestehen und welchen Einflüssen die Partikelbildung unterliegt. In diesem und den folgenden Magazinen werden die Grundlagen hierzu Schritt für Schritt besprochen.

 

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