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Britisch-deutsche Klimakonferenz in Berlin
KLIMA AKTUELL
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Klimakonferenz Berlin
Schlüsselprobleme der Klimapolitik
Aktuelle Berichte im November 2004 |
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Großbritannien und Deutschland zählen zu den Staaten in Europa, in denen Klimaforschung groß geschrieben wird. Seit einigen Jahren umfasst sie nicht nur die klassischen Disziplinen, sondern auch die Klimafolgeforschung. Neben Physikern, Chemikern, Biologen, Ökologen arbeiten auch Soziologen in den Teams. So am Potsdam Institut für Klimafolgeforschung. Klimaforscher sitzen in den Beiräten der Bundesregierung, die Themen werden immer stärker zum Politikum, denn die Bedeutung der erforschten Prozesse für die Welt von Morgen steigt. Die Eröffnung einer gemeinsamen Klimakonferenz durch die britische Königin ist ein Symbol für die Bedeutung der Thematik, die Beschlüsse der Konferenzen müssen konkreter werden.
Sir David King, oberster wissenschaftlicher Berater der britischen Regierung, und John Schellnhuber, Forschungsdirektor am Tyndall Center und Potsdam Institut geben eine Übersicht über Schlüsselfragen:
[frei übersetzte Auszüge aus der englischen Originalfassung der Arbeitsvorlage]
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| | Sir David King |
| | Was über lange Jahr keine Selbstverständlichkeit war, gilt heute als allgemein akzeptiert. Die Menschheit trägt zum Klimawandel bei und dieser Beitrag wird zum zunehmenden Problem für uns alle. Dennoch erhält die Dringlichkeit des Themas in der internationalen Politik noch nicht die ihr zustehende Beachtung. Als Gründe hierfür nennen Schellnhuber und King:
"... due largely to the short-term demands of politics, lifestyle and 'business as usual'."
... vor allem dank kurzfristiger Erfordernisse in der Politik, im Lebensstil und der Haltung eines 'Lebens wie gehabt'. | | | | John Schellnhuber |
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Kommentar: Kurzfristiges Denken und ein Verharren im 'Leben wie gehabt' ist keineswegs nur ein Problem der Politik oder der Politiker. Wir sind als Einzelne in der Regel nicht offen für Veränderungen, wenn diese Einschnitte in dem bedeuten, was wir für uns als Lebensstandard vielleicht nicht notwendig aber liebgewonnen haben. Wir müssen uns z.B. fragen, welche Energie verbrauchenden Tätigkeiten wir persönlich einstellen würden und wie hoch der Anteil unserers Einkommens sein dürfte, mit dem wir andere Energiearten begünstigen würden.
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Auf Energieverbrauch basieren erhebliche Teile unseres Alltags, in Arbeit, Transport, ... © freefoto.com |
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... in Haushalt, Urlaub und Freizeit. Die hiesige Art der Energieversorgung und der Verbrauch des durchschnittlichen Westeuropäers sind nicht geeignet als Modell für die Welt. |
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Kohlendioxid hat in unserer Atmosphäre heute ein Mischungsverhältnis von 379 ppm erreicht, ein Wert, der in den letzten 740.000 Jahren nicht erreicht wurde. Die Schwankungsbreite über die letzten acht Eis- und Warmzeiten lag zwischen 200 und 280 ppm.
Kommentar: Der Kohlendioxid-Wert erhöht sich jedes Jahr um einige ppm (Millionstel Anteile), da wir weiterhin deutlich mehr CO2 erzeugen, als die Natur aufnehmen kann. Die Paläoklimatologie, die das Klima der Vergangenheit erforscht, ist seit 2001 wieder einen großen Schritt weiter gekommen. Inzwischen wurden Lufteinschlüsse in den polaren Gletschern untersucht, die 740.000 Jahre (statt bisher 400.000 Jahre) zurückreichen. Auch in diesem Zeitraum gibt es für die heutigen Verhältnisse kein Beispiel. (Der Neanderthaler lebte vor 220.000 - 27.000 Jahren.)
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King und Schellnhuber verweisen auf die nebenstehenden Modelle der weiteren Erwärmung der Erde bis zum Jahr 2100 und bezeichnen die Konsequenzen für den Fall einer Erhöhung um mehr als weitere 2°C als katastrophal gefährlich (catastrophically dangerous). Klimafaktoren, die aktiviert werden könnten sind: - der Stillstand des Nordatlantikstromes - Veränderungen im Muster von El Niño und der Monsunregen - das Zusammenbrechen des Systems tropischer Regenwald - das schnelle Abschmelzen des grönländischen und westantarktischen Eisschildes
Hinzu kommt die zunehmende Gefahr von Extremwetterereignissen wie Stürmen, Fluten und Dürren. Die jüngsten Analysen der Witterungsverhältnisse der letzten Jahre in Europa wiesen darauf hin, dass wir uns bereits in einer Übergangsphase hin zu mehr Instabilität befinden. Der Anstieg des Meeresspiegels wird bis 2100 zwischen 9 und 88 cm liegend angenommen. National Geographic veröffentlichte jüngst eine Abschätzung nach der heute ca. 100 Mio Menschen nicht höher als 88 cm über dem derzeitigen Meeresspiegel leben.
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Modellrechnungen des IPCC für die weitere Erderwärmung unter Zugrundelegung verschiedener Entwicklungen in Energieversorgung, Bevölkerungswachstum, sowie technischen Fortschritts und wirtschaftlicher Modelle bis zum Jahr 2100. Die farbigen Kurven geben die Berechnungen wieder, die graue Zone zeigt deren Unsicherheitsbereich.
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Kommentar: Seit dem Zeitpunkt der Berechnung in der Grafik rechts sind wieder einige Jahre verstrichen. Derzeit entwickeln wir uns technisch und energiepolitisch eher auf die ungünstigeren der Möglichkeiten zu. Die Auffoderungen, den Ölhahn weltweit voll zu öffnen, um die wachsende Nachfrage zu befriedigen, den Preis dabei aber niedrig zu halten, sind bekannt. Eine Temperaturerhöhung von 2°C im Weltmittel ist vielleicht nicht einfach vorstellbar. Wir müssen hierbei sehen, dass dies ein Mittelwert ist. An bestimmten Orten wird sich die Temperatur kaum ändern, an wenigen vielleicht sogar fallen, an anderen dafür umso höher steigen, so dass es auch um 3-4°C wärmer werden kann. Derzeit gehen die Vermutungen dahin, dass es insbesondere in den nördlichen Breiten deutlich wärmer wird und die Temperatur im Winter stärker ansteigt als im Sommer. Die folgenden Jahresmittelwerte veranschaulichen, welche Klimaunterschiede eine Änderung um 2-4°C bedeutet: Hamburg: 8,6°C ; Frankfurt: 9,7° C ; Freiburg: 10,8°C Venedig: 12,7°C ; Marseille: 14,5°C ; Rom: 15,4°C
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Die Autoren warnen, dass die Kosten des Klimawandels nicht nur ökonomisch berechnet werden können. Es sind hohe Risiken damit verbunden, in der Sicherstellung der Wasserversorgung, der Ernährung und der Gesundheitsfürsorge. Abgesehen von Fluten und Dürren führt der Anstieg der Meeresspiegels zusätzlich zu immer mehr 'Vertriebenen', die sich neue Lebensräume suchen müssen.
Das Abschmelzen des Grönlandeises erfordert dort einen Temperaturanstieg von vermutlich 2,7°C und würde den Meeresspiegel um 6-7 m ansteigen lassen. Wir arbeiten derzeit darauf hin, dass es hierzu kommt. Wenngleich dieser Prozess wohl über mehr als 1000 Jahre vonstatten gehen würde, so müssen wir bedenken, dass viele Prozesse, die wir heute auslösen für die Zukunft unumkehrbar werden, genauso wie eine gewisse Erwärmung schon heute und über die nächsten 100 Jahre erfolgen muss, weil wir Emissionen der Vergangenheit nicht mehr rückgängig machen können.
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Boatpeople: Viele fliehen schon heute aus den z.T. lebensunwürdigen Bedingungen in ihrer Heimat und versuchen die Welt der reichen Staaten irgendwie zu erreichen. Schätzungsweise 200,000 Marokkaner versuchten 2003 nach Spanien zu fliehen. In den letzten 5 Jahren wurden 4000 Leichen zu beiden Seiten der Straße von Gibraltar angespült. Der Klimawandel könnte die Not noch erhöhen und die Fluchtbewegungen verstärken.
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Fortsetzung folgt
Zusammenfassung und Kommentare: Elmar Uherek, Max-Planck-Institut für Chemie Mainz
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