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Lehrziele und Lernziele
Im mitteleuropäischen Raum leben wir seit dem Ende des 2. Weltkrieges in einer Gesellschaft, deren Architekten die natürliche Umwelt als einen relativ stabilen Raum für die Agrar-, Fischerei- und Forstwirtschaft sowie für Erholung und Tourismus einbezogen haben. Die Entwicklung des persönlichen Lebensumfeldes und die wirtschaftlichen Akzente waren bislang kaum von Überlegungen bestimmt, die persönliche oder unternehmerische Verantwortung für eine langfristige und globale Veränderung des natürlichen Lebensraumes einbezogen. Die Schülerinnen und Schüler der jetzigen Generation werden mit einem gleitenden Wandel in grundlegenden Fundamenten dieser Gesellschaft konfrontiert werden: abnehmende Verfügbarkeit von Resourcen. abnehmende Stabilität der natürlichen Umwelt. Dem Schulunterricht kommt eine wesentliche Rolle dabei zu, die junge Generation auf das noch nicht Dagewesene vorzubereiten.
Lehr- und Lernziele gliedern sich in vier Bereiche:
1) Faktenwissen zum Klimasystem, zum Erdsystem und zu Zusammenhängen mit Gesellschaft, Wirtschaft und Politik.
2) Faktenwissen zu Prognosen über die möglichen Veränderungen des Systems Erde und ausführliche Diskussion der Unsicherheiten.
3) Deskriptive Betrachtung der Unterschiede zwischen Umweltbewusstsein, Umweltverhalten, Bewertung der Umweltdiskussion in der Gesellschaft und der pesönlichen Rolle im System Erde als Handelnder und als Betroffener.
4) Diskussion der persönlichen Verantwortung, Zukunftsplanung und Analyse der persönlichen Prozesse von Wahrnehmen, Wissen, Erkennen von Notwendigkeiten und Umsetzung in eigenes Handeln.
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Faktenwissen zum Klima
Je nach Wahl des Lehrbuches haben wesentliche Grundthemen, die von der Klima- und Umweltforschung der letzten 30 Jahre untersucht worden sind, Eingang in die klassische Schulliteratur gefunden: Treibhauseffekt, Ozonloch, saurer Regen, ...
Es muss darüber nachgedacht werden, welche zusätzlichen Inhalte so wichtig sind, dass ihnen ein Platz im Curriculum und im Unterricht eingeräumt werden sollte. Der Workshop soll einen groben Überblick geben, welche der derzeitigen Forschungsthemen den möglicherweise größten Einfluss auf die Umweltbedingungen und das Leben der Schüler haben.
Ein vernachlässigtes Feld ist z.B. die Rolle von Partikeln in der Atmosphäre: Auswirkungen auf die Strahlungsbilanz, Wolkenbildung und auf die Gesundheit.
In Wahlpflichtkursen und Projekten können die Themen teilweise ausführlicher diskutiert werden. Wenig Sinn macht es, hierbei Spezialwissen von Forschern weiterzugeben. Vielmehr sollten Strategien entwickelt werden, den Bogen von der Forschung über die Diskussion der Unsicherheiten bis zur Aufarbeitung in den Medien, den Auswirkungen auf das eigene Leben und Umsetzungen in der Politik besser und mit klaren Beispielen zu erläutern.
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Prognose und Unsicherheit
Das Kapitel "Wetter und Klima" im klassischen Geographieunterricht behandelt die Klimazonen, Klimadiagrammen und die Entstehung von Drucksystemen, evtl. von Stürmen. Eine Herausforderung liegt in der Behandlung des Klimawandels und der Klimavorhersage. Hier kann zwar nicht Bezug auf vorhandenes Faktenwissen aus dem Lehrbuch genommen werden. Die Prognosen für die Zukunft sind aber vor allem eines: "unsicher".
Den Umgang mit Unsicherheiten zu lernen ist eine der wichtigsten Aufgaben in der Klimakunde. Das Erfahrungswissen der Vergangenheit (Klimadiagramme bestimmter Orte, typische Witterung) wird in 20 - 50 Jahren mit gewisser Wahrscheinlichkeit nur noch begrenzt richtig sein. Andererseits kann heute noch nicht gesagt werden, wie sich die Klimaverhältnisse entwickeln.
Die Medien versuchen eine mögliche Zukunft genau zu beschreiben. Doch die Aussagen widersprechen sich zwangsläufig aufgrund der Unsicherheit und provozieren Unverständnis, abnehmendes Vertrauen in die Forschung und sinkendes Interesse an der Problematik. Der Unterricht muss vor allem das Denken in Fehlerbalken fördern und erklären, warum die Wissenschaft keine scharfen Aussagen sondern nur eine Wahrscheinlichkeit von möglichen "Szenarien" liefern kann. Diese Prognosen können aber trotz ihrer Unschärfe gleichwohl eine dringende Notwendigkeit zu persönlichem und politischen Handeln bedeuten.
Die Basis von Prognosen und ihre Bandbreite (wirtschaftliche und gesellschaftliche Rahmenbedingungen, persönliches Verhalten der einzelnen) muss ebenso beschrieben werden, wie mögliche Fehler in Modellen generell. Der Unterschied zwischen einer Aussage mit Fehlergrenzen und Beliebigkeit muss verstanden werden.
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Umweltwissen, Umweltbewusstsein und Umweltverhalten
Die derzeitige Generation setzt aktiv Maßstäbe für die Entwicklung unserer natürlichen Umwelt. Sie tut dies auch dann, wenn sie ihr Verhalten gegenüber den zurückliegenden Jahrzehnten kaum verändert oder die Auswirkungen des persönlichen Verhaltens für die Umwelt im alltäglichen Handeln nur vermindert wahrnimmt.
Die Betrachtung des "Faktor Mensch" im "System Erde" erfordert auch die Beobachtung des eigenen Verhaltens aus wissenschaftlicher Sicht. Die Verbreitung von Umweltwissen in unserer Gesellschaft erzeugt teilweise ein ausgeprägtes Umweltbewusstsein des einzelnen. Diesem Bewusstsein folgt aber nur relativ selten ein verändertes Umweltverhalten.
Unterricht kann Anstöße geben, das Verhalten einer Gesellschaft und sich selbst zu beobachten und die Motive zu hinterfragen. Themen einer solchen Analyse können sein: menschliches Abstraktionsvermögen, Problematik des langfristigen Denkens, emotionale Besetzung der Begriffe "öko" und "grün", Einfluss der Medien, der Werbung und der wirtschaftspolitischen Debatten, Vorstellungen von persönlichem Bedarf, Einfluss des persönlichen sozialen Umfeldes, Motivation für das eigene Handeln.
Ein Lernziel sollte die Unterscheidung zwischen Umweltbewusstsein und Umweltverhalten sein und die Erkenntnis, dass letzteres den menschlichen Einfluss auf das Klimaystem bestimmt.
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Persönliche Rolle
"Faktor Mensch" im Klimasystem bedeutet nicht nur ein Zusammenspiel von politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen, sondern vor allem die Summe des Verhaltens sehr vieler einzelner Bürger. Die Stellschrauben, die jeder Einzelne bedient und nach unserem derzeitigen Wissen in Zukunft bedienen könnte, sollten beschrieben werden.
Für den Schüler sollte nicht nur das Lernziel Gewinnen von Wissen im Vordergrund stehen, sondern das Verstehen seiner Aktivität und die Befähigung zur bewussten Lenkung dieser Aktivitäten.
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