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Warme Worte
Eine Studie wie Klimawandel kommuniziert wird
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Einführung:
Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen, denen die Menschheit in diesem Jahrhundert gegenübersteht. Er hat zahlreiche Auswirkungen in unserer Umwelt, in der Wirtschaft, der Energieversorgung und in der Gesellschaft. Niemand bleibt von den Folgen des Klimawandels gänzlich verschont und folglich wird dieses Thema heute mehr diskutiert als jemals zuvor. Trotzdem bekommen wir Bürger, Schüler, Nicht-Wissenschaftler und Leser von Information oft einen ziemlich verwirrenden Eindruck davon, was wirklich geschieht. Warum ist dies so? |
Fakten und Kommunikation
Der Klimawandel ist ein Faktum. Wenn der Apfelbaum einen seiner reifen Äpfel verliert, dann folgt er der Schwerkraft und fällt zu Boden. In gleicher Weise wird sich auch das Klimasystem ändern, wenn bestimmte Bedingungen gegeben sind, die auch durch menschliches Verhalten beeinflusst werden. Dies ist ein Fakt.
Das Klimasystem folgt jedoch weit komplizierteren Gesetzen als der Apfel. Darum sind Ausmaß und Art des Klimawandels umstritten und wir müssen akzeptieren, dass es Unsicherheiten gibt. Außerdem wurden die Bedingungen für den Klimawandel von uns Menschen beeinflusst. Sie werden immer noch beeinflusst und dies wird auch in der Zukunft so sein.
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1. Newton und der Apfel
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Da dein und unser aller zukünftiges Handeln den Wissenschaftlern nicht bekannt ist, kann die langfristige Entwicklung des Klimasystems niemals vorhergesagt werden, selbst wenn alle natürlichen Gesetzmäßigkeiten bekannt wären. Folglich hängt der Klimawandel auch davon ab, wie du und ich und alle anderen Menschen darüber informiert werden und wie sie reagieren. Wie aber erfolgt die Kommunikation? |
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2. Wie beeinflussen die Medien unseren Blick auf die Umwelt und uns selbst?
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Wie hast du über den Klimawandel erfahren? Wahrscheinlich hast du darüber in den Medien gehört. Aber was sagten sie, wie waren die Reportagen gemacht? Es gibt verschiedene „Stimmen“ die darüber im Fernsehen, im Radio, in den Zeitungen und auf Webseiten berichten. Wenn du vom Klimawandel gehört hast, was ist darüber wirklich in deinen Gedanken präsent? Wie steht es mit deinen Verwandten, deinen Mitschülern, den Mitbürgern in der Schlange vor dir im Supermarkt? Welchen Eindruck hast du und haben sie von der Diskussion? Gibt es widersprüchliche Debatten? Ist das Ergebnis aller Informationen klar oder verwirrend? Betrifft es dich? |
Ist die Information, die du bekommst, von solcher Art, dass sie dein Verhalten beeinflusst? Oder spricht die Sprache der Berichterstattung die Vorstellungskraft und das Verantwortungsgefühl der Bevölkerung nicht richtig an? Kurz: Wenn der Klimawandel so wichtig ist und die Menschen darüber durch die Kommunikation im Alltag erfahren, warum kümmern wir uns nicht mehr darum, wie erfolgreich diese Kommunikation ist und welche Antworten sie auslöst?
Eine Studie des ippr
Das Institut für öffentliche Politikforschung (ippr) in Großbritannien untersuchte etwa 600 Artikel in der Tages- und Wochenpresse, 40 Fernseh- und Radiowerbungen und Nachrichtenclips, 30 Anzeigen in der Presse sowie 20 Webseiten. Sie analysierten die verwandte Sprache in ihnen und schätzten den möglichen Einfluss auf eine breite Leserschaft bzw. Zuhörerschaft ab. |
Zusammengefasst: ein großes Durcheinander
Die Klimadebatte in den Medien erscheint verwirrend, widersprüchlich und chaotisch. Für jedes Argument gibt es eine Stimme, die das Gegenteil behauptet. Es scheint, dass Klimawandel nicht als sicher angesehen wird und die vorherrschende Botschaft an die Öffentlichkeit ist: Niemand weiß es wirklich.
( Stimmst du damit überein? )
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3. Widersprüche in der Klimadebatte; inhaltlich übernommen vom ippr Klicke die Grafik zum Vergrößern an!
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Eine angespannte Debatte
In der Vergangenheit war die Situation schon einmal klarer. Der Klimawandel wurde von einer Minderheit diskutiert, aber mit größerer Sicherheit und Überzeugung. Als das Thema in den 1990er Jahren in die allgemeine Diskussion eintrat, entwickelten sich gegenläufige Meinungen und Überzeugungen. |
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4. Die Entwicklung von Konsens in der Debatte um den Klimawandel; übernommen vom ippr Bitte die Grafik zum Vergrößern anklicken!
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Wir mögen fragen, ob dies eine Überraschung ist. Umgeben von Süßigkeiten hören wir die zunehmenden Warnungen des Zahnarztes. Aber würden wir nicht versuchen, Argumente zu finden, die uns Annehmlichkeiten des Lebens erhalten, die wir ungerne aufgeben? Und würde nicht die Süßwarenindustrie eine starke Lobby haben, die in derselben Richtung arbeitet und unsere Wünsche mit entsprechender Werbung zusätzlich anregt?
Allerdings werden die wissenschaftlichen Belege für den Klimawandel immer stärker. Gleichzeitig erhöht sich durch unser Nichtreagieren in der Vergangenheit der Druck, jetzt und in der Zukunft etwas zu tun, immer mehr. Wir mögen daher dem Punkt näher gekommen sein, an dem die vorherrschende Meinung ist: Wir haben dieses Problem! Wir müssen etwas tun! |
Drei Hauptrichtungen der Kommunikation
Sollen die Menschen überzeugt werden, wie werden sie angesprochen? Die Analyse des ippr fand drei dominierende Typen von sprachlichem Repertoir:
- Alarmismus
- Optimismus, Skeptizismus
- Kleine Schritte
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Alarmismus
Der alarmierende Sprachschatz wendet sich mit dringlichem Ton an uns, mit Formulierungen die wir aus Katastrophenfilmen im Kino kennen: „Wir werden alle sterben!“ Er bemüht einen fast religiösen Wortschatz von Untergang, Tod und Bestrafung und verwendet Worte wie „Katastrophe“, „Chaos“ und „Verwüstung“. Die Sprache erlaubt keine Komplexität oder Mittelmaß, sie ist einfach extrem. Der Klimawandel, in dieser Weise gezeigt, erscheint furchteinflößend, schrecklich, riesig und jenseits menschlicher Kontrolle. Solche Beschreibungen finden sich überall, von der Stop Climate Chaos Webseite bis zum Informationsmaterial der Regierung. |
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Die Idee dahinter ist, den Menschen den Klimawandel ins Bewusstsein zu bringen und sie durch Schocktaktik dazu zu drängen, etwas zu tun.
Oft aber erzeugt diese Wortwahl nur Distanz zum Problem, schlicht, weil es zu groß erscheint, um angegangen zu werden. Der Leser oder Zuschauer sieht keine Möglichkeit, etwas zu tun oder zu bewegen, sondern nur Hoffnungslosigkeit. Es ist daher unwahrscheinlich, dass eine alarmistische Sprache wirklich zum Handeln führen wird. |
Optimismus, Nihilismus und Skeptizismus
„Was soll der ganze Unfug?“ könnte die Leitfrage dieses Fundus sein. Es handelt sich dabei letztlich um eine Verweigerung, sich der Diskussion zu stellen, die in verschiedenen Varianten auftritt. Eine von ihnen ist ein ignorierender Optimismus: „Macht euch nicht so viele Sorgen, es wird schon gut gehen.“ Diese Haltung steht oft für Behäbigkeit. Die Behäbigen sind Leute, die gerne auf die gute alte Zeit zurückblicken und es gar nicht mögen, wenn etwas Neues oder Anderes auftaucht, das ihre Identität oder Sicherheit in Frage stellt. Diese Gruppe weist den Alarmismus zurück oder macht ihn lächerlich. Schätzungsweise 21% der Briten handeln in dieser Weise. Das Problem daran ist, dass sie gegenüber wissenschaftlichen Argumenten immun sind, da sie ihre Position einfach als allgemein gültig ansehen. Eine stärker motivierter Sprachfundus ist der der rhetorischen Skeptiker. Sie entlehnen ihre Worte mehr der akademischen und wissenschaftlichen Diskussion und erzählen uns, dass die Wissenschaftler falsch liegen. |
Wenn die Skeptiker dabei oberflächlich argumentieren, werden sie jedoch selbst wieder angreifbar. Allerdings gibt es eine Grauzone zwischen Ablehnung des Expertenwissens und der Meinung einiger Wissenschaftler, die den Klimawandel primär durch natürliche Prozesse ausgelöst sehen. Das Niveau der Kommunikation ist jedoch so hoch, dass es vor allem andere Wissenschaftler anspricht.
Schließlich gibt es eine Gruppe von Verweigerern, die den Klimawandel als gegeben akzeptiert, die aber sagt, dass er unvermeidlich ist oder der Preis für seine Vermeidung zu hoch ist.
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Es ist es nicht wert, den freien Markt zu opfern, um dem Klimawandel vorzubeugen. Oder ... eine weitere Gruppe sieht den Klimawandel optimistisch: Er mag möglicherweise Vorzüge haben.
Die widersprüchlichen Ausdrücke des Alarmismus und der Zurückweisung von Gefahren lassen die Diskussion für den Leser oder Zuschauer ziemlich verwirrend und chaotisch erscheinen. |
Kleine Schritte
Neben dem Alarmismus ist es aber nicht die verweigernde Haltung, die die Diskussion bestimmt, sondern ein optimistischer Pragmatismus. Das allgemeine Motto könnte sein: „Es wird schon gut gehen, wenn wir etwas tun.“ Auch dieser Optimismus tritt in verschiedenen Varianten auf. Eine davon ist die Technologiegläubigkeit. Sie vermittelt den Eindruck, dass alles nur eine Frage des Fortschritts ist. Eine andere ist der Glaube an radikales Heldentum: Eine kleine Gruppe von Menschen wird Großes erreichen. |
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Die Anwälte des extremen Handelns werden jedoch gerne als langhaarige Hippies verunglimpft, die die Welt zu ändern versuchen. Für das tägliche Leben scheint der Pragmatismus bequemer: Ich leiste meinen kleinen Beitrag für unseren Planeten. Die Motivation entspringt aus einer Mischung von Ethik und Eigeninteresse (Sprit sparen spart Geld.). Der Weg der kleinen Schritte holt den Alarmismus wieder in die Normalität zurück. Er läuft allerdings auch leicht Gefahr, ins Langweilige und Vernachlässigbare zu steuern. Den Worten kann es leicht an der nötigen Energie fehlen, wirklich etwas zu bewirken. |
Was kann verbessert werden?
Es ist nicht damit getan, nur mehr und weitere Botschaften auf der Grundlage von vernünftigen Argumenten von oben herab in die Welt zu senden. Andere Mittel sich einzubringen sind notwendig. Zunächst muss die klare Aussage vermittelt werden: Der Klimawandel ist Realität und das Handeln des Einzelnen macht Sinn! Im Anschluss muss in der Wahl der Kommunikationsebene der richtige Ton getroffen werden. Beispiele:
Helden im Alltag Manchmal mangelt es an Energie: Betrachten wir die Dimension des Problems und dass jeder persönlich seinen Anteil daran hat, so mögen wir von der Notwendigkeit eines “alltäglichen Heldentums” sprechen. Das Engagement kostest Kraft aber wir können etwas ausrichten. Wenn ich etwas tue, während die anderen tatenlos bleiben, kann ich mich als Held fühlen, der etwas für uns alle bewirkt..
Behagen und Normalität Viele Menschen fühlen sich wohl, wenn sie sich als normal empfinden: Die Herausforderung ist, klimafreundliches Verhalten als normales Verhalten zu etablieren, als das Natürliche, Richtige, als das „Unsere“ für eine große Zahl von Menschen, die im Moment noch nicht aktiv werden.
Ansehen Unsere Bedürfnisse drücken oft den Wunsch nach Ansehen aus: Wir sind gerne etwas Besonderes und drücken es durch das aus, was wir tun und kaufen. Entsprechend können umweltfreundliche saubere Produkte mehr als Symbole des Fortschritts und des modernen gehobenen Lebensstandards beworben und verkauft werden.
Klimafreundliches Handeln muss zu etwas werden, das attraktiv ist und in einer Art und Weise gewinnend, die für die Menschen von heute Sinn macht. Die Kommunikation des Klimawandels sollte daher wie die Vermittlung von Marken in der Werbung behandelt werden: wir müssen positives Verhalten für das Klima in der gleichen Weise anregen wie Marketingexperten das Kauf- und Konsumverhalten anregen.
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